Da ich seit einiger Zeit mit meiner Familie in Portugal lebe und arbeite, habe ich einige Dinge festgestellt, die doch recht typisch für die Menschen und das Miteinander hier sind. Aus diesen Erfahrungen habe ich die folgenden zehn Punkte zusammengetragen, die euch helfen sollen, die wesentlichen Fettnäpfchen bei eurem Aufenthalt in Portugal zu vermeiden.
1. Tischwahl im Restaurant.
In Restaurants und gehobenen Cafés gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: Man setzt sich nicht einfach an den erst besten freien Tisch! Die Gäste warten hier im Eingangsbereich, bis ihnen freie Plätze zugewiesen werden. Zur Not werden auch schnell ein paar Tische zusammengeschoben und Stühle herangeschafft, da ist man dann flexibel. Aber bitte stürmt nie auf eigene Faust an einen freien Tisch, auch wenn dort kein „Reserviert“ Schild steht. Das kommt hier wirklich nicht gut an.
2. Trinkgeld
Es hat lange gedauert, bis wir begriffen haben, wie das in Portugal mit dem Trinkgeld funktioniert. Der Klassiker „Stimmt so!“ wird hier zumeist nicht verstanden, auch wenn er in bestem Portugiesisch vorgetragen wird. Auch irgendeine vom Rechnungsbetrag abweichende Summe zu kommunizieren bringt meist nichts. In Portugal legt man bei Barzahlung einen runden Betrag auf den Tisch, wartet, bis der Kellner das Wechselgeld zurückbringt, und lässt so viel liegen, wie man für richtig hält. Zahlt man mit Karte, legt man einfach das Trinkgeld in bar auf den Tisch. Außerdem solltet ihr bedenken, dass der Durchschnittslohn in Portugal aktuell bei rund knapp 900 Euro liegt. Ich rufe nicht dazu auf geizig zu sein, aber ein zu üppiges Trinkgeld kann auch für Irritationen sorgen. Portugiesen geben in Restaurants eher selten Trinkgeld, was übrigens auch für den Friseurbesuch gilt.
3. Käse und Brot im Restaurant
In so gut wie allen Restaurants, die portugiesisches Essen anbieten, gehört es einfach dazu (oft vor der eigentlichen Bestellung), den Gästen Brot, Käse, Oliven oder andere Kleinigkeiten auf den Tisch zu stellen. Das ist ein sehr netter Service, doch bedenkt: Er ist nicht umsonst. Wenn ihr die Sachen nicht essen wollt, signalisiert sofort, dass ihr sie zurückgehen lasst. Das ist nicht weiter schlimm, aber andernfalls wird es am Ende berechnet. Ich empfehle euch jedoch, es anzunehmen, denn die Vorspeisen sind zumeist sehr lecker und nicht teuer.
4. Vordrängeln
Dies ist ein ganz wichtiger Punkt in Portugal. Ob an der Supermarktkasse, an der Bußhaltestelle oder in der U-Bahn: Vordrängeln ist hier ein absolutes „No Go“. Portugiesen sind sehr ruhige und friedliebende Menschen, doch hierbei können sie buchstäblich ausrasten. Also immer schön „calmo“, die Ellenbogen einfahren und Geduld bewahren, sonst kann das eine oder andere böse Wort fallen. Muss ja nicht sein.
5. Besondere Sitzplätze in Bahn und Bus
Auch in Portugal gibt es in den öffentlichen Verkehrsmitteln natürlich ausgewiesene Sitzplätze, in der Regel für körperlich beeinträchtigte Menschen, schwangere Frauen und alte Menschen. Während es in Deutschland so gut wie niemanden interessiert, wenn sich jemand, der nicht diesen Personengruppen angehört, auf einen solchen Platz setzt, kann es hier Ärger geben. Das Zauberwort heißt hier „Prioridade“! Spätestens also, wenn jemand auf euch zukommt, der augenscheinlich Anspruch auf einen reservierten Sitzplatz hat und dieses Wort zu euch sagt, solltet ihr aufstehen. Es kann dann nämlich vorkommen, dass der Bussfahrer so lange stehen bleibt und laut wird, bis ihr aufgestanden seid. Eine peinliche Situation, die niemand braucht. Setzt euch am besten erst gar nicht auf einen solchen Platz, es sei denn natürlich, er steht euch zu.
6. Toleranz gegenüber Kindern, Respekt vor alten Menschen.
Etwas, das Portugal sehr stark von Deutschland unterscheidet, ist die viel größere Teilnahme von Kindern und alten Menschen am gesellschaftlichen Leben. Die Alten hocken hier nicht nur zu Hause vor dem Fernseher, sondern sitzen oft in Cafés, wo sie Zeitung lesen und mit ihren Mitmenschen palavern. Ihnen wird zudem von den jüngeren sehr viel Respekt entgegen gebracht und auch manch kleine Dreistigkeit verziehen (zum Beispiel doch mal ein Vordrängeln an der Kasse). Auf der anderen Seite ist Portugal ein unglaublich kinderliebes Land. Sobald ein Kind erscheint erweicht auch das Herz des grummeligsten Portugiesen. Kinder genießen, obwohl die Erziehung hier vor allem auch an den Schulen ziemlich autoritär ist, im öffentlichen Bereich einige Freiheiten. Es ist daher völlig normal, dass Kinder mit ihren Eltern bis Mitternacht im Restaurant sitzen, dort auch herumrennen, selbst, wenn am nächsten Tag Schule ist. Häufig wird sogar das halbe Kinderzimmer zum Spielen mitgebracht. Mein Ratschlag also: Sich beschweren, weil ein älterer Mensch an der Kasse oder beim Aussteigen aus dem Bus etwas länger braucht oder eine Bemerkung über die lebhaften Kinder am Nebentisch sollte man sich tunlichst verkneifen. Das kommt in Portugal überhaupt nicht gut an.
7. Spanisch sprechen
Wer glaubt mit seinen Spanischkenntnissen in Portugal brillieren zu können, irrt sich gewaltig. Die Grammatik zwischen Portugiesisch und Spanisch ist zwar ähnlich, die Aussprache aber ganz und gar nicht. Doch noch viel wichtiger: Spanien ist nicht unbedingt das Lieblingsland der Portugiesen, um es vorsichtig auszudrücken. Die Portugiesen sind stolz auf ihre Geschichte (mit Ausnahmen) und zwischen den beiden Nationen gab es über Jahrhunderte eine offene Feindschaft und unzählige Kriege. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verhältnis natürlich wie überall in Europa deutlich verbessert, aber die spanische Sprache wird hier immer noch nicht gerne gehört. Verständigen tut ihr euch also vorzugsweise in Portugiesisch (ihr solltet es aber gut beherrschen, denn sonst versteht euch niemand, bzw. will euch nicht verstehen) oder halt Englisch, das viel gesprochen wird.
8. An der Tankstelle bezahlen
Der eine oder andere von euch hat vielleicht vor, das Land mit einem Mietwagen zu erkunden oder reist gar mit dem eigenen Auto an. Irgendwann müsst ihr dann natürlich tanken. Hierbei ist Folgendes zu beachten: Es wird erst bezahlt und dann getankt. Dazu geht ihr an die Kasse, nennt die Nummer der Zapfsäule, den gewünschten Treibstoff und den Betrag, für den ihr tanken wollt. Merkt euch die Beschriftung an den Zapfhähnen, nicht jeder an der Kasse spricht unbedingt Englisch.
9. Autofahren im Allgemeinen
Wenn ihr in Portugal mit dem Auto unterwegs seid, vor allem rund um die Großstädte, dann fahrt sehr umsichtig. Denn so diszipliniert und ruhig die Portugiesen sich zum Beispiel an der Bushaltestelle verhalten, im Straßenverkehr sind sie es häufig nicht. Spurwechsel, ohne zu blinken, Chaos beim Einfädeln an Baustellen oder in einem der unzähligen Kreisverkehre, mit sechzig in der Mitte über die Autobahn schleichen gehören hier zur Tagesordnung. Entsprechend gibt es viele Unfälle. Also defensiv fahren und Augen auf.
10. Zu guter Letzt: Müll vermeiden
Wer schon einmal Lissabon besucht hat, dem wird aufgefallen sein, dass es auf den Straßen, in den Parks und in der U-Bahn sehr sauber ist. Das gilt nicht nur für die touristischen Hotspots, sondern auch für die Außenbezirke. Es wird nicht gerne gesehen, wenn Leute ihren Müll einfach dort fallen lassen, wo sie gerade gehen oder stehen. In Berlin mag es vielleicht cool sein, die leere Bierflasche einfach liegen zu lassen oder irgendwo hin zu schmeißen, hier ist es das definitiv nicht. Es gibt genug Mülleimer, die auch regelmäßig geleert werden (nachts übrigens), daher sollte jeder die paar Schritte zu Fuß gehen, bevor er sich Ärger einhandelt. Und hey, ein vermülltes Portugal will doch keiner, oder?!
Das waren meine Tipps, die hoffentlich dazu beitragen, dass ihr einen stressfreien Urlaub ohne Ärger oder peinliche Momente in Portugal verleben könnt.